Gülle energetisch verwerten ohne den Schutz der Umwelt zu vernachlässigen!
BUND stellt nach dem gravierenden Unfall in der Biogasanlage im Gewerbegebiet Haid/Engstingen Fragen und Forderungen.
Immer wieder kommt es in Deutschland zu sogenannten Güllehavarien bei Transportunfällen, durch illegale Gülleausbringung insbesondere in Gewässer durch Betriebsunfälle wie der vom 11. Januar bei Engstingen. Thomas Goerlich, Mitglied des BUND-Regionalverbandvorstandes aus Trochtelfingen, hofft, dass das ausgeflossene Gärsubstrat trotz der großen Menge von 1,5 Mio Liter keine erheblichen Umweltschäden zur Folge haben wird. Denn die ammoniakhaltige, stinkende Flüssigkeit floss vor allem über versiegelte Gewerbefläche und konnte zu großen Teilen abgepumpt werden.
Trotzdem deuten das in Folge des Unfalls übergelaufene Klärbecken bei Trochtelfingen sowie Gärflüssigkeit im Flüsschen "Seckach" darauf hin, dass Fließgewässer und ihre Fauna sowie Trinkwasserwasserfassungen bedroht sein könnten.
Große Teile der Schwäbischen Alb, so auch das Gebiet um Engstingen sind aufgrund des karstigen, wasserdurchlässigen Untergrunds zu Recht Trinkwasserschutzgebiet. Der BUND Regionalverband Neckar-Alb fordert deshalb eine intensive Überprüfung auf mögliche Verschmutzung - auch der Quellen am Albtrauf im Einzugsgebiet. Außerdem stellt der Umweltverband die Frage, weshalb diese Biogasanlage offensichtlich ohne ausreichend großen Auffangraum betrieben werden durfte.
Der BUND kritisiert generell, dass für "Anlagen, die mit Gülle, Jauche usw. umgehen" so der §1 der Anlagenverordnung* für wassergefährdende Stoffe weniger strenge Schutzvorkehrungen gelten als für andere Anlagen, in denen z. B. mit Kraftstoffen oder Säuren gearbeitet wird. Diese aus Wasserschutzsicht nicht nachvollziehbare Ausnahme sollte gestrichen werden.
Der BUND Bundesverband hat 2016 unter dem Titel "Schlamperei, Pech und Sabotage im Umgang mit Gülle"* eine Übersicht über die jüngsten Güllehavarien in Deutschland erstellt. Neben dem "Dauerskandal" von vielerorts zu hohen Nitratwerten in überdüngten, landwirtschaftlichen Flächen schädigen diese Vorfälle den Ruf der Landwirtschaft und der Biogasbranche. Auch deshalb sind Behörden und Betriebe in der Pflicht: Mehr Kontrolle und sorgsamerer Umgang mit diesem wertvollen, aber umweltgefährdenden, nachwachsenden Rohstoff zur Strom- und Wärmeerzeugung.
Anmerkung: Mittlerweile scheint klar zu sein, dass das ausgelaufene Gärsubstrat aus Lebensmittelresten und nicht, wie in zahlreichen Presseberichten publiziert, aus Gülle bestand. In der Zusammensetzung, den Auswirkungen auf die Umwelt und der rechtlichen Behandlung sind diese beiden Biogassubstrate jedoch vergleichbar.
* Link zu der zitierten BUND-Übersicht:
https://www.bund.net/themen/massentierhaltung/tierhaltung/guelleunfaelle/
* Hier die oben genannte Verordnung. Gleich in §1 wird erwähnt, dass die für den Wasserschutz wichtigen §§ 2, 5 und 6 aus nicht nachvollziehbaren Gründen u. a. für Biogasanlagen nicht gelten:
http://www.gaa.baden-wuerttemberg.de/servlet/is/16491/2_3_05.pdf