Leserbrief von BUND Regionalgeschäftsführerin Neckar-Alb Barbara Lupp zum Artikel "Handarbeit für die Mopsfledermaus - Naturschutz erfordert besonderes Verfahren für die Verkehrssicherheit an der Wittlinger Steige", erschienen am 21.11.2014 im Alb-Boten (www.swp.de/reutlingen/lokales/ermstal/Handarbeit-fuer-die-Mopsfledermaus-Naturschutz-erfordert-besonderes-Verfahren-fuer-die-Verkehrssicherheit-an-der-Wittlinger-Steige;art1158525,2909531 Letzter Zugriff am 4.12.2014):
"Blitzschnell umgeplant"!?
Erfreulich, dass die Straßenbaubehörde, die der im Artikel des Albboten mehrfach zitierte Herr Schäfer vertritt, erkannte, dass in einem FFH-Gebiet, das außerdem Pflegezone des Biosphärengebietes ist, nicht einfach gesprengt werden kann. Diese Erkenntnis gewannen die Behörden des Landkreises Reutlingen jedoch nicht aufgrund des von ihnen in Auftrag gegebenen, biologischen Kurzgutachtens, sondern erst, nachdem sie von ehrenamtlichen Naturschutzvertretern darauf aufmerksam gemacht wurden.
Leider war dies nicht der erste (lang-)geplante Eingriff im Landkreis über den die Naturschutzverbände, die ja auch Träger öffentlicher Belange sind, sehr spät informiert wurden. Nachdem sie jedoch kurz vor dem anvisierten Sprengtermin davon erfuhren, stellten sie den Behörden wieder einmal kurzfristig ihr naturschutzfachliches- und rechtliches Wissen zur Verfügung. Im konkreten Fall wiesen die Naturschützer darauf hin, dass ein biologisches Gutachten, dass auf nur einer einzigen Begehung im Oktober beruht, nicht ausreicht um mögliche Vorkommen von geschützte Pflanzen- und Tierarten zu erfassen. Hier betraf es insbesondere die in diesem Bereich vorkommende, europaweit geschützte Mopsfledermaus, welche bereits in Spalten versteckt ihren Winterschlaf angetreten hat.
Der BUND Regionalverband Neckar-Alb befürwortet selbstverständlich
Verkehrssicherungsmaßnahmen. Folgende Forderungen bzw. Empfehlungen (da dies nicht der letzte sanierungsbedürftige Felsbereich sein wird):
a) Sowohl alle relevanten Ämter innerhalb des Landratsamtes (also auch die untere Naturschutzbehörde) und bei Schutzgebieten gegebenenfalls die Naturschutzbehörden des Regierungspräsidiums als auch die anerkannten Naturschutzverbände frühzeitig einzubinden. Letztere haben gerade im Biosphärengebiet in der Vergangenheit oft genug bewiesen, dass sie an einer konstruktiven Lösung zum Wohl von Mensch und Natur interessiert sind - wenn sie die Chance bekommen, ihren Sachverstand einzubringen.
b) Damit man nicht mehr "blitzschnell umplanen" muss: Den Eingriffsbereich, wenn die Gefährdung durch Steinschlag nicht akut ist, über einen ausreichend langen Zeitraum auf geschützte Arten und ihre Lebensräume untersuchen. Nicht zuletzt um rechtzeitig die gesetzlich vorgeschriebenen Ersatzlebensräume zu schaffen - was übrigens im Fall der Sprengungen an den "Linken Wittlingern" vor gut fünf Jahren immer noch nicht geschehen ist.
c) Wenn ein Felsbereich laut des geologischen Erstgutachtens massiv
"saniert" werden muss - verbunden mit erheblichen Naturschäden, hohen
Kosten und Straßensperrungen - sollte gegebenenfalls ein zweites
Gutachten eingeholt werden. Dies befürwortet übrigens auch die selbst
gutachterlich tätige Landesanstalt für Geologie und dies wurde im
aktuellen Fall als Folge des Engagements der Naturschutzverbände an der
Wittlinger Steige nachträglich erstellt. Erfreuliche Folge: Zumindest
vorerst sind keine Sprengungen und keine langandauernde Straßensperrung
notwendig.
d) Falls Räumungen, vertiefte Straßenbankette, Fangzäune und andere
Sicherungsmaßnahmen nicht ausreichen und Sprengungen unvermeidlich sind,
ist sicherzustellen, dass diese nicht neue Risse im benachbarten
Kalkgestein verursachen.
e) Es könnte sich auszahlen, Räum- und Abfuhrunternehmen nicht mehr
vorrangig nach Masse des abgebrochenen Gesteins zu bezahlen.
f) Die Räum- und Sprengkommandos sollten durch fachkundige
Behördenvetreter bei ihrer Arbeit begleitet werden. Im aktuellen Fall
wurde massiv Felsgestein herausgebrochen, was an Bäumen und Hangboden
erheblichen Schäden verursachte. Übrigens lässt sich hier gut
beobachten, wie sowohl große Buchen als auch Niederwuchs kleine und
mittlere "Brocken" abfangen. Falls die Forstbehörde plant, die
geschädigten Bäume zu fällen, sollten diese quer zum Hang liegen bleiben
um nachkommendes Geröll aufzufangen.
Ergänzung zum Leserbrief (Dezember 2014): Mitgliedern des Arbeitskreis Klettern und Naturschutz fiel auf, dass eine Verkehrsgefährdung durch nach Abschluss der Maßnahme im Hang liegende, durch Bäume notdürftig gehaltene Felsbrocken besteht. Die Behörden wurden daraufhin auf dieses gefährliche Vollzugsdefizit hingewiesen.